Die Typographia Medicea im Kontext:
Text und Bild als Medien des Kultur- und Wissenstransfers zwischen europäischen und orientalischen Kulturräumen um 1600

Eckhard Leuschner (Universität Würzburg) und Gerhard Wolf

Laufzeit: 2014 – 2018

Das Projekt untersuchte am Beispiel der in den Jahren von 1584 bis ca. 1620 tätigen und größtenteils durch Giovanni Battista Raimondi geleiteten Typographia Medicea das Spektrum der translatio-Phänomene im Zeitraum um 1600 mit den damit gekoppelten Ein- und Ausschlussmechanismen der Zirkulation und Regulierung von Wissen, insbesondere in der Kommunikation über Text und Bild. Der Schwerpunkt lag auf den Beziehungen Italiens zu den arabischen, osmanischen und persischsprachigen Kulturräumen. Das Projekt konzentrierte sich insbesondere auf die Transkription und Auswertung der bislang nur in kleinen Teilen publizierten Dokumente aus dem exzeptionell gut erhaltenen Verlagsarchiv sowie auf detaillierte Analysen der Entstehung ausgewählter Schlüsselpublikationen (Manuskripterwerb, Editionsarbeit, Illustrierung, Zensur, Druck, Verbreitung und Verkauf).

Raimondis Praxis und Pragmatik wurden bislang kaum in ihrer Gesamtheit lokalisiert und untersucht, etwa in Hinblick auf technische Innovationen und die damit verbundenen wirtschaftlichen und logistischen Aspekte des Verlagsgeschäfts und die Dynamiken der transkulturellen Kontakte. Für dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft kofinanzierte Projekt war es von entscheidender Bedeutung, über die gedruckten "Kerntexte" der Typographia Medicea hinaus den Fokus auf die von der bisherigen Forschung weniger in den Blick genommenen Paratexte zu legen, v. a. Raimondis reichlich vorhandene editorischen und lexikografisch-grammatikalischen Notizen und nicht gedruckten Übersetzungen, unvollendeten Buchprojekte (z. B. seine Pläne für eine Polyglottenbibel), Kommentare, Editionsvorarbeiten u. ä., dazu die Briefwechsel mit Kollegen sowie mit staatlichen und kirchlichen Instanzen, die in den florentinischen und römischen Archiven und Bibliotheken erhalten sind. In diesem Zusammenhang stand das Studium ausgewählter arabischer, persischer, osmanischer und syrischer Manuskripte in Florentiner Bibliotheken, die vom Verlagsleiter Raimondi und seinen Mitarbeitern als Grundlage für Druckeditionen von Ägypten über Bagdad bis nach Goa und Agra gesammelt wurden. Hierbei galt die Aufmerksamkeit einerseits der Untersuchung der verflechtungsgeschichtlichen Horizonte zwischen dem römisch-katholischen Netzwerk (für Rom und die Ostkirchen), andererseits Aspekten der Mission, Selbst- und Fremdwahrnehmung und des Umgangs mit "Alterität" etwa in den Verlagspublikationen (Vorworte, editorische Vorarbeiten), in den erhaltenen Reisedokumenten der auf "Manuskriptjagd" befindlichen Verlagsmitarbeiter Girolamo und Giovan Battista Vecchietti, Giovan Battista Britti usw.

Die Typographia Medicea lässt sich in ihrer globalen Vernetzung als ein kohärentes Unterfangen betrachten, welches von Avicennas kitab an-Najat (in arabischer Sprache gedruckt 1593) bis Augustinus Confessiones (in italienischer Sprache gedruckt 1595) ein sehr breites Spektrum aufweist. Ausgehend von diesem globalen Anspruch der Typographia Medicea war die Untersuchung ihrer Publikationen und Archivdokumente Leitfaden für die Forschungsfragen des Projekts im Hinblick auf die Zirkulation vom Wissen über Text und Bild (exemplarisch anhand der gedruckten bebilderten Evangelien), sowie das Verhältnis von Handschriftlichkeit und Druckschrift. Es wurden möglichst viele erhaltene Exemplare der Typographia Medicea-Publikationen aufgespürt und ausgewertet, um Aufschlüsse über deren zeitgenössische Verwendung zu gewinnen.

Über die Kritik an dichotomisch angelegten Orientalismus-Okzidentalismus-Konzepten hinaus verstand sich dieses Projekt als ein empirisch angelegter Beitrag zur Methodendiskussion einer sich mehr und mehr global verstehenden Frühneuzeitforschung.

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