Studientag

Mapping Futurism - Der italienische Futurismus innerhalb der internationalen Avantgarden des 20. Jahrhunderts

"Altri ci seguiranno, che con altrettanta audacia e altrettanto accanimento conquisteranno le cime da noi soltanto intraviste. Ecco perchè ci siamo proclamati i primitivi di una sensibilità completamente rinnovata."

Mit bemerkenswerter Weitsicht kündigte der Futurist Umberto Boccioni 1914 mit diesen Worten nachfolgende Generationen an, die "mit eben solcher Kühnheit und Hartnäckigkeit diejenigen Gipfel erklimmen" würden, die von den italienischen Futuristen selbst nur in der Ferne erahnt werden konnten. Der Wettlauf mit der Zeit, die Gefahr, von der eigenen Vergänglichkeit überholt zu werden und somit den Status der ,Vorreiterrolle' einzubüßen, sind die Grundprobleme der stets nach Innovation strebenden Avantgarde. Boccioni reflektiert einerseits die eigene Zeitlichkeit, andererseits aber reklamiert er selbstbewusst für die Futuristen einen Status jenseits der Zeit: Die Futuristen stehen am Beginn einer erneuerten Sensibilität, und auch wenn die kommenden Generationen neue Gipfel erklimmen werden, sie werden doch eines bleiben: Nach-Folger.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung des Gründungsmanifestes des italienischen Futurismus im Jahre 1909, veranstaltet das Kunsthistorische Institut in Florenz (MPI) einen interdisziplinären Studientag, der es sich zur Aufgabe macht, die Rolle dieser Bewegung innerhalb der internationalen Avantgarden zu beleuchten.

Künstlerische Bewegungen wie Futurismus, Kubismus, Dadaismus und Surrealismus stellten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts radikal gegen den traditionellen Kunstbegriff. Ihnen gemeinsam ist der kulturhistorische Kontext einer Zeit des Umbruchs, der bahnbrechenden Entdeckungen in Wissenschaft, Technik, Psychologie und Medizin. Vereinigt sie auch das Bestreben, eine neue Kunst zu schaffen, die dem modernen Weltbild entspricht, handelt es sich dennoch um nationale Entwicklungen, die es nicht einfach machen, sie als eine einzige Bewegung zu begreifen: Zu unterschiedlich sind der geistesgeschichtliche Hintergrund und die politische Situation der einzelnen Länder.

Der Futurismus kann mit seinem von Anfang an stark politisch gefärbten und zu Kampf und Aktion aufrufendem Programm als eine der radikalsten Avantgarden gelten. Durch sein provokatives Auftreten und der charakteristischen Rhetorik der Gewalt war der Futurismus eine kulturelle Revolution, die vielen avantgardistischen Bewegungen als wegweisendes Vorbild diente. So konnte der Gründungsvater des Futurismus Filippo Tommaso Marinetti bereits 1932 stolz für sich feststellen, dass "die durch die futuristische Bewegung begonnene künstlerische Revolution... zahlreiche Avantgarden erzeugt oder beeinflusst" hat. Diesen Anspruch aus internationalem Blickwinkel kritisch zu untersuchen, ist Ziel des Studientages.

In vier Sektionen werden futuristische Konzepte und ihre Umsetzungen, die neue Auffassung vom Wesen der Kunst, die provokative Einbeziehung des Publikums und die ungewöhnlichen Marketingstrategien der Bewegung vorgestellt; Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Wirkung der futuristischen Positionen auf andere Kunstformen; ihre Rezeption wie auch die Beeinflussung der Futuristen durch und ihre Distanzierungsversuche zu anderen avantgardistischen Bewegungen werden dabei analysiert. Die erste Sektion führt zu den literarischen Anfängen des Futurismus und diskutiert die Rolle zweier Botschafter der futuristischen Bewegung: die des Gründungsvaters Filippo Tommaso Marinetti einerseits und der anglo-amerikanischen Künstlerin Mina Loy andererseits. Anschließend soll die Rezeption Henri Bergsons und George Sorels in Italien und das ambivalente Verhältnis von Fortschrittsbegeisterung und Technikangst am Beispiel der neuen Medien Film und Fotografie untersucht werden. Die internationale Reichweite des italienischen Futurismus wird in der dritten Sektion am Beispiel des Einflusses des italienischen Futurismus auf die südamerikanische Avantgarden und seine Rezeption in Werken und Theorie des russischen Suprematismus thematisiert. Die Frage, inwieweit neuartige Kunstformen wie Performance und Happening schon im Kern im Futurismus angelegt waren und inwieweit Luigi Russolos "Geräuschmusik" die internationale Musikszene revolutionierte, ist Thema der letzen Sektion.

Der Abendvortrag "Boccioni, Futurism and the Energies of Modernism" schließt den Studientag mit einem Blick auf gemeinsame Interessensbereiche der künstlerischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Neben neuen wissenschaftlichen Entdeckungen kommen hier u.a. die spätviktorianische Äther-Physik und okkulte Phänomene zur Sprache.

Kunsthistorisches Institut in Florenz - Max-Planck-Institut
Sala Conferenze
Via Giuseppe Giusti 38
50121 Florenz
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