Katharina Sykora: Ecce homo oder das Lob der Fotografie als Kunst

Vortrag

Der Vortrag diskutiert zwei fotografische Werkkomplexe des 19. Jahrhunderts, in denen sich der Mann hinter der Kamera zugleich als toter Mann vor der Kamera in Szene setzt. Hippolyte Bayard ersann diese Form der Selbstdarstellung 1840 und protestierte damit gegen seine Verkennung als einer der Erfinder der Fotografie. Zugleich schuf er die erste inszenierte Fotografie der Fotogeschichte. Fred Folland Day hypostasierte Bayards Geste des Märtyrers über fünfzig Jahre später und stilisierte sich zur christlichen Erlöserfigur des fotografischen Pikturalismus.

Mit ihrer visuellen Behauptung des unmöglichen Satzes "Ich bin tot" betreiben beide nicht nur ihre fotokünstlerische Selbstapotheose in der Nachfolge christlicher Ikonografien. Vielmehr formulieren sie zugleich die fundamentale Spaltung des fotografischen Blicks. Denn: Wer "ich" sagt, kann nicht tot sein, und wer tot ist, kann nicht "ich" sagen; wer vor der Kamera ist, kann nicht zugleich hinter ihr stehen; und wer im fotografischen Bild ist, existiert so bereits nicht mehr. Im unmöglichen Darstellungsmodus des "Ich bin tot" wird auch die zeitliche Paradoxie der Fotografie und ihr anthropologisches Dilemma sichtbar. Denn der, den wir im Bild sehen, ist im Augenblick der Aufnahme lebendig da gewesen und im selben Moment als der, der er im Bild ist, bereits abgelebt, d.h. dem Tod den Bruchteil einer Minute oder Sekunde näher. Die Fotografie, die - mit Roland Barthes gesprochen - immer sagt: "Das da ist gewesen" und "Das da wird sterben", wird hierdurch wahrnehmbar. Bayards und Holland Days Fotosequenzen sind somit auch frühe Reflexionen auf das fotografische Dispositiv als mediales 'memento mori'.

Katharina Sykora: Studium der Kunstgeschichte, Romanistik, Pädagogik und Filmwissenschaften an den Universitäten Würzburg, Heidelberg und Frankfurt am Main. 1983 Promotion über 'Das Phänomen des Seriellen in der Kunst'. Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Feministischen Archiv und Dokumentationszentrum Frankfurt/Main und an der Kunsthalle Mannheim. Ab 1994 Professorin für mittlere und neuere Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2001 Professorin für Kunstgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. 2004 Gastprofessorin an der University of Bloomington/Indiana, USA. 2007/08 Forschungsförderung Opus Magnum (Pro Geisteswissenschaft) der Volkswagenstiftung für das Publikationsprojekt "Die Tode der Fotografie". 2008 Research Resident am Rockefeller Center Bellagio, Italien. 2011 Berufung als Fellow an das Internationale Forschungszentrum für Kulturwissenschaften in Wien (IFK). Seit 2013 Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs Das fotografische Dispositiv an der HBK Braunschweig.

Abb. Fred Holland Day: The Seven Last Words, 1889

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