Forschung
Opazität/Transparenz. Materialität und Metaphern staatlicher Ordnung
Carolin Behrmann
Transparenz ist nur eine von vielen Materialitätsmetaphern, die der Politik und dem Recht helfen, Grundprinzipien staatlicher Ordnungen zur Sichtbarkeit zu bringen. Wo die Bauaufgabe des 19. Jahrhunderts für öffentliche Institutionen über historische Stilzitate Kontinuität und Anciennität vermittelt, sind es im Post-Histoire lichtdurchflutete Gebäude, die den Blick nach Innen öffnen, um nach außen Demokratie und Vertrauen in die rechtstaatliche Ordnung zu vermitteln. Diese Forderungen nach mehr Transparenz sind mit scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Beobachtung obsolet geworden. Das demokratische Versprechen, nach mehr Sicht- und Öffentlichkeit, wendet sich in eine Bedrohung der Privatsphäre. In neueren architektonischen Entwürfen von Gebäuden des Rechts oder der Politik jedoch scheint sie als Metapher des Vertrauensgewinns und der Einsicht in die Strukturen und Handlungen des Staatswesens Bestand zu haben. Die moderne Justiz versteht sich als Institution, die einen bilderlosen Ort der Objektivität und Unabhängigkeit verkörpert. Wie verändert sich dieses Selbstbild mit dem vermehrten Einsatz von Medien im Gericht, einer Auflösung der Grenzen zwischen Innen und Außenraum? Das Projekt setzt sich exemplarisch mit der Materialität und Symbolik von Gebäuden der staatlichen Ordnung in auseinander, um das Verhältnis zwischen Abstraktionsanspruch und Notwendigkeit der Un/Sichtbarkeit zu analysieren.