Forschung
"Behendigkeit": Körper, Hand und Werkzeug zwischen Mittelalter und Moderne
Wolf-Dietrich Löhr

Sensibilität, Präzision, Geschicklichkeit, und Kraft, die als Summe die herausragende Rolle und Funktionalität der Hand bestimmen, interagieren besonders eng bei der künstlerischen Arbeit, die mit der Hand als ihrem Emblem zum Inbegriff virtuoser Gestaltungskraft geworden ist. Zugleich ist die Hand im Gegensatz zum lange als unkörperlich begriffenen Intellekt auch mit der Schwere des Materials und des Leibes belastet, denen sie als Agens der Gestaltung und Sensor des Tastsinns unmittelbar zugeordnet ist. Zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit werden daher die Rolle der Hand und der Wert ihrer künstlerischen Transformationen in Theologie, Medizin, Kunsttheorie und -praxis kontrovers diskutiert. Das Projekt verfolgt diese Aushandlungen der Beziehungen von Arbeit, technologischer Kompetenz und Körperwissen in thematischen Fallstudien, die von der Kritik am Machwerk und der Aufwertung menschlicher Mühen im Hochmittelalter über das Verständnis für Anatomie, Körpertechnik und Training in der Frühen Neuzeit und die Theoretisierung von Linien- und Pinselführung bis zur geschlechtlichen Wahrnehmung der Hände führen. Im Fokus steht dabei die sensorische und körpergebundene Grundlegung von Imagination, Technik und Produktivität. Ein Blick auf das Bild der Hand als Selbstporträt und die "Enthauptung" der Hand in der Moderne soll die Studie abschließen.