Karin Leuenberger / Herbert L. Kessler: Flabellum of Tournus

Wissenschaftliches Kolloquium / Colloquio scientifico

Karin Leuenberger (Lausanne): Das Flabellum von Tournus - Schäferszenen und Fliegen in karolingischer Liturgie

Das Flabellum von Tournus gehört wohl zu den berühmtesten karolingischen Werken. Es wurde jedoch nie, trotz der kurzen monographischen Studien von Lorenz E.A. Eitner (1944) und Danielle Gaborit-Chopin (1988) und der zahlreichen Erwähnungen in Nachschlagewerken, im Lichte seiner eigentlichen Funktion, derjenigen des liturgischen Fächers, untersucht. Die auf dem Etui geschnitzten bukolischen Szenen vertreten ausserdem den vollständigsten noch erhaltenen virgilischen Zyklus. Hat die Darstellung heidnischer Bilder auf einem liturgischen Objekt die Forscher bis anhin zwar sehr beschäftigt, ist jedoch die Frage ihrer Deutung auf einem Gerät mit dem Nutzen, Fliegen zu vertreiben und frische Luft zu schaffen nie wirklich gestellt worden. Im Rahmen einer Doktorarbeit über das Flabellum von Tournus werden hier drei zentrale Aspekte dieser Forschung besprochen.

Von der Hypothese ausgehend, dass das Flabellum von Tournus auf einem äusserst kohärenten ikonographischen Programm basiert, wird aufgezeigt, wie es sich vom Griff ausgehend bis zum Zentrum des entfalteten Pergaments sowohl inhaltlich wie stilistisch entwickelt. Das mittlere Band des Pergaments erregt besondere Aufmerksamkeit wegen seiner bis heute noch unbemerkten, doch sehr bedeutsamen diagrammatischen Anordnung.

Aus derselben Hypothese folgt, dass das Programm auch in Bezug auf das Objekt Sinn und Bedeutung gewinnen muss. Die sich auf liturgische Fächer beziehenden Quellen des 9. Jahrhunderts sind selten. Nebst späteren Quellen bestätigen sie jedoch, dass die Interpretationen der lateinischen Kirche die byzantinische Symbolisierung von Engelflügeln nie adoptierte, sondern mystische Ideen entwickelte, ausgehend von der primären Fliegen verscheuchenden und erfrischenden Funktion der Fächer.

In Anbetracht der Bedeutung des ikonographischen Programms und der liturgischen Fächer wird schliesslich eine auf Vergils Text basierende Neuinterpretation der bukolischen Szenen vorgeschlagen. Die ursprüngliche Anwendung dieses Genres, das wegen der bekannteren interpretatio christiana der vierten Eklogue übersehen wurde, hat bis anhin keine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dieser Punkt, unterstützt durch unsere Kenntnisse der Hofdichtung aus der Zeit Karls des Kahlen, bestätigt, falls es dessen noch bedarf, dass die karolingische "Renaissance" die antiken Werke auf eigene Weise neu zu verwerten wusste.

Herbert L. Kessler (Baltimore): Images Borne on a Breeze - Vanishing Pictures and Disappearing Texts on the Flabellum of Tournus

Traditional studies of the complicated imagery and inscriptions on the ninth-century Flabellum of Tournus in the Bargello have had only limited results. By considering the fan’s functions in the liturgy, this paper considers how ceremonial movements - the cadenced opening, parading, and swinging of the flabellum during the Mass - themselves inflected the reading of the visual elements. And it argues that the physical expulsion of devilish flies, distracting heat, and foul smells, for which the densely adorned object was made, constructed the meaning of the sequenced appearances and disappearances of pictures and words.

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