Hannah Baader: Das Mittelmeer: Kulturen der Dinge, Topologien der Kunstgeschichte
Vortrag im Rahmen der Vorlesungsreihe "Das Mittelmeer als Kulturraum" an der Goethe-Universität Frankfurt a.M.
Eine Vortragsreihe des Zentrums zur Erforschung der Frühen Neuzeit der Goethe-Universität Frankfurt a.M. und des Kunsthistorischen Instituts in Florenz - Max-Planck-Institut
Vorbereitender Arbeitskreis: Hannah Baader (Florenz), Gisela Engel (Frankfurt), Thomas Kirchner (Frankfurt), Susanne Scholz (Frankfurt), Gerhard Wolf (Florenz)
Fernand Braudels monumentales Werk "Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II." (1949) beginnt mit dem Satz: "Ich habe das Mittelmeer leidenschaftlich geliebt, vermutlich weil ich - wie so viele andere und nach so vielen anderen - aus dem Norden kam." Braudel, der prägende Jahre seiner intellektuellen Karriere im französisch kolonisierten Algerien verbrachte, versteht das Mittelmeer als einen "Meereskomplex", der "im Unterschied zum Atlantik" vor allem von einem einheitlichen Klima geprägt wird, das Landschaften und Lebensweisen vereinheitlicht: Die Oliven- und Weinkultur verbreitete sich bereits im 1. Jahrtausend vor Christus von der östlichen in die westliche Mittelmeerwelt. Dies hat zur Folge, dass "ein Bewohner der Mittelmeerküsten, wo immer er herkommen mag, an keinem Platz rund um das Binnenmeer seine Heimat verliert". Es erklärt sich für Braudel von daher, dass es den Menschen der Mittelmeerküsten leicht fällt, von Hafen zu Hafen zu wandern, weil es sich allenfalls um den "Umzug in ein anderes Haus handelt, in dem der neue Mieter sich wohl fühlen kann".
Braudels Werk, das die Geschichtsschreibung revolutionierte, behandelt das Thema, indem er zunächst eine "gleichsam unbewegte Geschichte" vorführt, "die des Menschen in seinen Beziehungen zum umgebenden Milieu", "eine träge dahin fließende Geschichte, die nur langsame Wandlungen kennt, in der die Dinge beharrlich wiederkehren und die Kreisläufe immer wieder neu beginnen". Oberhalb dieser unbewegten Geschichte verlaufen die langsamen Rhythmen der Sozialgeschichte: Ökonomien, Staaten, Gesellschaften, Zivilisationen. Der dritte Teil schließlich umfasst die "traditionelle" oder Ereignisgeschichte: Die großen historischen Individuen treten in den Vordergrund: "Eine Welt heftiger Leidenschaften, gewiss; blind wie jede lebendige Welt, wie die unsere, unbekümmert um die geschichtlichen Tiefen, um jene lebhaften Gewässer, auf denen unser Boot dahin zieht wie das trunkenste aller Schiffe."
Sechzig Jahre nach Erscheinen des Braudelschen Buches scheint es ein weiteres Mal an der Zeit, die mit seinem Versuch einer Globalgeschichte aufgeworfenen Fragen vor dem Paradigma einer "liquid history" wieder aufzunehmen. Die in einer Kooperation zwischen dem Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit in Frankfurt a. M. und dem Kunsthistorischen Institut in Florenz - Max-Planck-Institut veranstaltete Ringvorlesung widmet sich in einer komparativen Perspektive den Begegnungen und Kommunikationsprozessen zwischen islamischen, jüdischen und christlichen Kulturen, fragt nach der historischen Wahrnehmung von Topographien, den frühneuzeitlichen Kulturen der im Dinge, dem Mittelmeer als einem Raum des Imaginärem und nach dessen Rolle als einem Laboratorium pragmatischen Handelns.
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