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Hans Aurenhammer: 'Linea centrica' und gekrümmter Erdenrand. Horizonte und Perspektive in italienischen Bildern des 15. Jahrhunderts
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Im frühen Quattrocento wurde bekanntlich die subjektzentrierte, also auf einen je individuellen Betrachtungshorizont ausgerichtete Perspektivkonstruktion entwickelt. Gleichzeitig wurde aber auch in den landschaftlichen Hintergründen erstmals der Horizont als Übergangszone zwischen Erde und natürlichem Himmel darstellbar. Beide Phänomene gelten als für die Frühe Neuzeit konstitutive Phänomene, doch ist ihr Zusammenhang weniger eindeutig als gemeinhin angenommen. Alberti bezeichnet die durch den Fluchtpunkt verlaufende gerade Linie gar nicht als Horizont, sondern als linea centrica. Und in den Inkunabeln der neuen perspektivischen Malerei spielt der meist durch Gebäude und Berge verstellte natürliche Horizont nur eine geringe Rolle. Auf der anderen Seite suchte man auch in der Malerei die der Perspektive notwendigerweise eignende Ausschnitthaftigkeit zu überwinden und die neuen naturalistischen Möglichkeiten mit einem panoramatischen Blick zu verbinden, der die Welt als Ganzes erfahrbar machen möchte. Das Leitmotiv dieser alternativen Lösungen ist der konvex gekrümmte – also nicht wie üblich gerade – Horizont. Der Vortrag wird dieses wenig beachtete und zeitlich sowie regional beschränkte, für die Aporien von Perspektive und Horizont jedoch höchst aufschlussreiche Phänomen diskutieren.
Hans Aurenhammer studierte in Wien und Venedig. Nach der Promotion (1985) Assistent, 1996 Assistenzprofessor und 2005–2008 ao. Professor in Wien. 2005 Habilitation. Gastprofessuren in Venedig, Berlin (FU), Dresden (TU) und Paris (EPHE). Seit 2008 Professor für Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Renaissance an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Frankfurt am Main. 2013–2017 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Studienzentrums in Venedig. 2011–2018 Mitglied des Leitungsgremiums des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften (Frankfurt). 2020–2024 Leiter des Teilprojekts Ordnungen des Wissens und der architekturtheoretische Diskurs der Frühen Neuzeit im LOEWE-Schwerpunkt Architekturen des Ordnens.
Forschungsschwerpunkte: Italienische Kunst und Architektur der Renaissance, Geschichte der Kunst- und Architekturtheorie des 15.-18. Jahrhunderts, Geschichte und Methodologie der Kunstgeschichtswissenschaft
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