Etica & architettura-Dialogo

Architektur, Ästhetik und Moral – eine Verhältnisbestimmung

Christian Illies:
Architektur und Moral – eine Verhältnisbestimmung

Im alltäglichen Sprachgebrauch ist im Zusammenhang mit Architektur des öfteren von "Bausünden" oder einer "Verschandelung der Landschaft" die Rede. Auch die Verantwortung des Architekten wird oft erwähnt oder es wird gar an sein Gewissen appelliert. Architektur wird also mit der Sphäre der Moral in Zusammenhang gebracht. Aber ist das Bauen tatsächlich eine moralisch relevante Tätigkeit und wenn ja inwiefern? Kann denn Bauen Sünde sein?

Diese Frage wurde und wird meist lediglich intuitiv beantwortet. Systematische moralphilosophische Untersuchungen zu architektonischen Fragen waren und sind selten. Zwischen der tatsächlichen Bedeutung der gebauten Umwelt für den Menschen einerseits und der ethischen Reflexion auf ihre Entstehung, deren Bedingungen und deren Auswirkungen andererseits besteht ein Missverhältnis: Das Handeln des Architekten ist ein "blind spot" des Ethikers; und vice versa ist die Ethik weitgehend "terra incognita" für die Architekten.

Diese gegenseitige Nicht-Beachtung ist problematisch, weil die Art und Weise wie wir wohnen für das menschliche Glück von so großer Bedeutung ist, dass eine rein intuitive Beantwortung moralischer Fragen in der Architektur nicht zu rechtfertigen ist.

Im Vortrag wird – auch um die Perspektive einer Ethik der Architektur eröffnen zu können – den hier skizzierten Themen und Fragen nachgegangen und der strukturelle Zusammenhang von Architektur, Moral und Ethik erläutert.

   

Martin Düchs:
Schön und gut – Zum Verhältnis von moralischem und ästhetischem Wert in der Architektur

"Was schön ist, muss nicht zugleich ethisch sein. Schön ist nicht gleich gut. Schönes kann auch grausam sein und Hässliches gut." Diese Aussage des Architekten Frei Otto kann heute fast als common-sense gelten. Moralischer und ästhetischer Wert werden weitgehend unabhängig voneinander gesehen. Das gilt vor allem auch in Hinblick auf die Architektur; ein Gebäude kann moralische Standards erfüllen, obgleich es ästhetisch wenig überzeugt, oder umgekehrt ästhetischen Standards entsprechen, aber ethisch verwerflich sein. Mehr noch, in der Architektur sind beide Qualitäten seit dem 20. Jahrhundert oft als Gegensatz gesehen: Eine ethische, etwa sozial sensible Architektur soll einfach und funktional, aber gerade nicht "schön" sein. Schönheit ist fast zu einem Schimpfwort unter sozial engagierten Architekten geworden.

Diese Spannung ist Gegenstand des Vortrags, bei dem ein philosophischer Blick auf die Architektur geworfen wird. Wie kam es zu dieser Spannung der beiden Bewertungsebenen? Und sind sie wirklich unversöhnlich? Sie waren es ja nicht immer – von Platon bis Kant wurde das Schöne auf das Engste mit dem Guten verbunden. Was also hat ideengeschichtlich zu der Trennung geführt und wie lässt sich mit ihr angesichts einer Situation umgehen, in der einerseits ethische Anforderungen (etwa des Umweltschutzes) wie selbstverständlich an die Architektur erhoben werden, zugleich aber eine wachsende Rückbesinnung auf die Notwendigkeit stattfindet, dass sich die Ästhetik von Gebäuden nicht in ihrer Funktionalität erschöpft. Gibt es mit Blick auf diese neue Situation eine Möglichkeit, eine Verbindung zwischen beiden Bereichen nicht nur praktisch zu vollziehen, sondern theoretisch zu begründen?

   

   

Prof. Dr. Christian Illies studierte Biologie (Diplom 1989), Philosophie und Kunstgeschichte. Nach der Promotion über Kants Ethik in Oxford war er Hochschulassistent an der Universität Essen und habilitierte sich 2002 an der RWTH Aachen zu Begründungsfragen in der Ethik. Gastprofessuren an der University of Notre Dame (1999), am ECLA Berlin (2001) und am NIT Hamburg-Harburg (seit 2006). Ab 2002 Universitätsdozent an der Technischen Universität Eindhoven, 2006 Professor für Philosophie der Kultur und Technik an der Technischen Universität Delft, seit 2008 Lehrstuhl für praktische Philosophie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Arbeitsschwerpunkte sind Grundlagen der Ethik (The Grounds of Ethical Judgement, Oxford 2003) und angewandte Ethik (vor allem Bioethik und Ethik der Technik). Dazu kommen Philosophie der Biologie (Darwin, Bamberg 2005, gemeinsam mit Vittorio Hösle), philosophische Anthropologie (Philosophische Anthropologie im biologischen Zeitalter, Frankfurt 2006) und Philosophier der Architektur (Philosophy of Architecture, Cambridge 2014, gemeinsam mit N Ray).

Anschrift: Lehrstuhl für Philosophie II, Otto-Friedrich Universität Bamberg, 96047 Bamberg, An der Universität 2 (email: ).

    

Martin Düchs, Dr. phil. Dipl.Ing., studierte Architektur in München, Paris und Göteborg. Seit seinem Diplom 2004 an der TU-München arbeitet er als Architekt, zunächst in verschiedenen Architekturbüros und seit 2007 im eigenen Büro (Blockrandbebauung – Architektur + Philosophie) vor allem im Bereich "Bauen im Bestand"/Denkmalschutz. Er ist Mitglied der Bayerischen Architektenkammer und Berater des dortigen Ausschusses für Berufsordnung. Im Jahr 2008 wurde ein Projekt in München-Bogenhausen mit dem Fassadenpreis der Landehauptstadt München ausgezeichnet.

Zudem studierte er Philosophie (M.A.) an der Hochschule für Philosophie SJ in München. 2011 wurde er im Fach Philosophie an der LMU-München mit einer Arbeit zur Ethik des Architekten promoviert. Er war Stipendiat der Deutschen Bundesumweltstiftung im Stipendienschwerpunkt Umweltethik und 2013 zeichnete die Erfurter Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Verbindung mit den Thüringer Hochschulen diese Arbeit mit dem Dalberg-Preis für hervorragende transdisziplinäre Nachwuchsforschung aus. Seit 2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Christian Illies an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und arbeitet dort an seiner Habilitation.

Er arbeitet und publiziert in erster Linie im Bereich Architektur-Philosophie und Umweltethik.

Veröffentlichungen (Auswahl)
Düchs, M. 2011: Architektur für ein gutes Leben. Über Verantwortung, Moral und Ethik des Architekten. Münster: Waxmann
Düchs, M. 2012: Edel sei der Architekt, hilfreich und gut - Zum Berufsethos der Architekten, in: Nerdinger, Winfried (ed.), Der Architekt – Geschichte und  Gegenwart  eines Berufsstandes. München: Prestel, Bd.2, S. 418-427.
Düchs, M. 2012: Umweltethik öffne dich! Plädoyer für die Einbeziehung der gebauten Umwelt in die Umweltethik, in: GAIA. 21/3, S. 177-180.
Düchs, M. 2013: Principles for Architectural Ethics, in: The Int. Journal of Design in Society, 6/2, p. 1-9

Anschrift: Lehrstuhl für Philosophie II, Otto-Friedrich Universität Bamberg, 96047 Bamberg, An der Universität 2 (email: ).

13 novembre 2015, ore 10:00

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