Durch die drastische Welle systematischer Zerstörungen von Bildwerken durch terroristisch-islamistische Gruppierungen, wie sie sich seit der Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan 2001 bis hin zur Zerstörung der Tempelanlagen von Palmyra 2015 ereignen, wird die Frage wie sich das Rechtssystem zum Artefakt positioniert und was das Bild der Zivilgesellschaft bedeutet besonders virulent.
Die ikonoklastischen Handlungen richten sich vordergründig auf Objekte, aber als Teil einer Gesamtstrategie sollen damit vor allem jene religiösen und ethnischen Gruppen getroffen werden, für die das kulturelle Erbe von hoher Bedeutung ist und die Träger desselben sind. Diese Akte zielen nicht nur auf eine Schwächung oder Zerstörung ihres Zusammenhalts, sondern auch auf die Beendigung ihres durch die Objekte garantierten historischen Überlebens. Es findet eine Marginalisierung und Auslöschung des kollektiven Gedächtnisses der jeweiligen Gemeinschaft statt, was dieses Projekt als eine Form des kulturellen Genozids begreift.
Gegenstand dieses Dissertationsvorhabens ist es, die Kulturgutzerstörung nicht als bloße Objektzerstörung, sondern als Menschenrechtsverletzung neu zu denken. Hierbei gilt es, das Spannungsverhältnis zwischen Identität, Objekt und Mensch und die persönlichkeitskonstituierende und identitätsstiftende Dimension der Beziehung von Mensch und Kulturobjekt zu analysieren, um infolge dessen juristische Paradigmen, wie die seit jeher im Recht verankerte Trennung zwischen Sachen und Menschen, zu überdenken. Ziel ist es, eine anthropologische Ausrichtung des Kulturschutzes zu entwickeln, die Kunstwerken eine menschenrechtliche Dimension zuerkennt und als neue Entität zwischen Sachen und Menschen verortet. Konsequenz dieser These ist es, den völkerrechtlichen Kanon der Menschenrechte um ein "Menschenrecht auf Kultur" zu erweitern, welches den Vereinten Nationen als Legitimationsgrundlage zur Intervention im Sinne des Kulturschutzes nach Art. 39 UN-Charta dienen könnte.
Das Projekt war Teil der Minerva-Forschungsgruppe Nomos der Bilder. Manifestation und Ikonologie des Rechts.