Forschung
Die Erbauung der Seele. Leon Battista Albertis Dialog Über die Seelenruhe
Hana Gründler mit Katharine Stahlbuhk, Giulia Baldelli, Louis Berger und Jacob Veidt
Das Projekt widmet sich der ersten deutschen Übersetzung und Kommentierung von Leon Battista Albertis Dialog Profugiorum ab aerumna libri III, auch bekannt als Della tranquillità dell'animo. Albertis in den frühen 1440er Jahren entstandene Schrift über die Seelenruhe eröffnet Einblicke in frühneuzeitliche Auffassungen des Selbst und von dessen Erbauung und Pflege. Die Bedeutung, die der Aisthesis in diesem Prozess der Selbstkonstruktion zukommt, wurde in der damaligen Zeit intensiv und durchaus kontrovers diskutiert. Wie die Analyse und Kontextualisierung der Schrift zeigt, thematisiert Alberti solche und ähnliche Fragen wiederholt in seinem Œuvre, wobei für ihn die sinnliche Wahrnehmung im Allgemeinen und die ästhetisch-künstlerische Erfahrung der gebauten Umwelt im Spezifischen eine grundlegende Rolle für die ethische, aber auch politische Konstituierung des Menschen spielt. In diesem Zusammenhang gilt es, genauer unter die Lupe zu nehmen, auf welche Weise dem Text jenseits seines 'Informationsgehalts' und seiner 'theoretischen Konzeptualisierungen' von Sinnlichkeit eine spezifische Sinnlichkeit zu eigen ist, die sich dezidiert nicht auf ihren propositionalen Gehalt reduzieren lässt. Gerade die bildhafte, zutiefst synästhetisch operierende Sprache Albertis lädt dazu ein, seine Überlegungen zum Verhältnis von Ästhetik, Ethik und Architektur in ihrer ganzen Vielschichtigkeit auszuloten.
Neben der erstmaligen Erschließung dieses bedeutenden Werkes für den deutschsprachigen Raum zielt das Projekt auf die Erarbeitung weiterer grundlegender Erkenntnisse zum Florentiner Bürgerhumanismus des 15. Jahrhunderts, unter anderem mit Blick auf auch heute noch aktuelle Fragen zum Materialbewusstsein, zur gebauten Umwelt, zur cura sui sowie zum Verhältnis von Individuum und (Stadt-)Gemeinschaft im Florenz der frühen Neuzeit.