Forschung

Fast ein Bild. Identität und Differenz in der Malerei

Philipp Kaspar Heimann

Jacapo da Pontormo, Heimsuchung, um 1528-29, Öl auf Holz, 202 x 156 cm, Pfarrkirche San Michele, Carmignano

In der Regel werden Produktion und Rezeption oder referentielle Analogien bemüht, wenn die „Identität“ eines Bildes verhandelt wird. Derart stellt man das Bild in Beziehung zu bereits vorschematisierten Identitäten, auf die es oftmals nur reagieren kann und als deren Wiederholung es nutzbar gemacht wird. Die Arbeit setzt es sich hingegen zum Ziel, Tendenzen und Strukturen des Bildlichen zu fokussieren, um so das Verhältnis von Bild und Identität neu zu bestimmen. Dies gelingt nur, wenn nicht lediglich bildliche und außerbildliche Differenzen ausgereizt werden, sondern das Bild selbst als zwiegespaltene Einheit fokussiert wird. Eine disziplinkritische Untersuchung kann aufdecken, wann und mit welchen Zielen in der Kunstwissenschaft von der Identität des Bildes gesprochen wurde. Dabei stellt sich auch die Frage, ob in diesen bildtheoretischen Überlegungen eine Überfrachtung von Bedeutung oder eine Kritik des Bildes verfolgt wurde. Grundlegend ist, die komplexe Genese des Begriffs der Identität, der in aktuellen Diskursen wieder an Brisanz gewinnt, zu problematisieren. Konkrete Beispiele der europäischen Malereigeschichte, in denen das Gefüge von Identität und Bild in seiner ganzen Komplexität und Widersprüchlichkeit verhandelt wurden, verschränken die theoretische mit einer phänomenologischen Perspektive. Somit lässt sich eine historische Kontinuität des Gefüges ausmachen, das keineswegs ein Phänomen der Moderne ist. Die Bildanalysen zeigen vielmehr auf, dass Bilder Identitäten weniger wiederholen, als sie vielmehr transzendieren. Bildwerke exponieren sich so als etho-ästhetische Vehikel, die aufgrund ihrer Fragilität das Verhältnis von Identität und Differenz neu aufwickeln. Die Identität kann derart als „singulär-plurale“ (Jean-Luc Nancy) Intimität des Bildes gedacht werden, die es in dieser Faltung fast zu einem Bild werden lässt. Dieses „Fast“ bezeichnet dabei keinen Mangel im technischen Sinne, sondern es ermöglicht erst die ästhetische und politische Erfahrung eines Bildes.

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