Forschung
Der Heilige im Gehäuse. Die Grabstätte des hl. Bernhardin in L'Aquila im Kontext der Heiligenverehrung des 15. und frühen 16. Jahrhunderts
Pavla Langer

Silvestro di Giacomo & Werkstatt: Mausoleum des hl. Bernhardin von Siena, 1505. L’Aquila, S. Bernardino. © Max Hutzel, collection "Foto Arte Minore", acc. no. 86.P.8, Getty Research Institute Photo Archive; Digital image courtesy of the Getty’s Open Content Program
Bernhardin von Siena (1380-1444), Wanderprediger und zentraler Vertreter der franziskanischen Reform, zählt zu den bekanntesten Heiligen des Spätmittelalters. Sein vom Ende des Quattrocento stammendes Grabmal befindet sich in der ihm zu Ehren errichteten Basilika in L'Aquila. In seiner eklektizistischen Gestaltung ist das freistehende Mausoleum einzigartig und formal ohne eindeutige Vorbilder. Anleihen an römische Klerikergrabmäler und Tabernakel sowie an die Florentiner Grabmalstradition vereinte der Bildhauer Silvestro Aquilano zu einer Gestaltlösung, die liturgischen und politischen Erwägungen Rechnung trägt. Innen wie eine Miniaturarchitektur gewölbt und verkleidet, gleicht das Mausoleum einem mit vergitterten Öffnungen versehenen monumentalen Schautresor. Die periodische Sichtbarmachung des Heiligenleibes ist als effektvolle, stufenweise Enthüllung zu denken. Als Referenzobjekt strahlte das Bernhardinmausoleum formal aus auf Grabmäler anderer Aquilaner Stadtpatrone und wurde im Kontext von Wallfahrten zum wichtigen Wirtschaftsfaktor. Das Dissertationsprojekt bemüht sich um eine multifokale Annäherung an die Grabstätte, an der die Interessen von Heimatstadt Siena und Sterbeort L'Aquila, aber auch ordens-, kommunal- und landespolitische Erwägungen oder diejenigen eines privaten Stifters zusammentreffen.